Es sind diese Momente, diese besonderen Augenblicke, die ein Festival zu einem wahren Fest werden lassen. Es war Samstagabend, 21.30 Uhr. Das letzte große Abendkonzert des vier- tägigen „Eurofestivals Zupfmusik“ neigte sich dem Ende entgegen. Nach einem kurzen Moment der Stille entbrannte ein Jubel, die rund 900 Zuschauern im ausverkauften Rechbergsaal des Bürgerzentrums Bruchsal erhoben sich von ihren Plätzen und feierten die 50 jugendlichen Künst- lerinnen und Künstler mit minutenlangen „Standingovations“. Bejubelt wurde der Auftritt des Saarländischen Jugendzupforchesters unter der Leitung von Prof. Stefan Jenzer.
Es war einer der Höhepunkte eines Festivals mit gigantischen Ausmaßen. Rund 1200 Künstler aus der ganzen Welt (USA, Australien, Russland, Japan, Venezuela,….) machten sich auf den Weg nach Bruchsal, um dort Zupfmusik vom Feinsten zu bieten. In insgesamt 24 Konzertveranstaltungen konnte man Solisten, Duos, Quartette, kleine Ensembles, Gitarrenensembles, Zupforchester u.v.m. erleben.
Nicht nur das Saarländische Jugendzupforchester, sondern auch das Saarländische Jugendgitarrenorchester (Leitung: Prof. Stefan Jenzer), das Saarländische Zupforchester (Leitung: Reiner Stutz), das Saarländische Seniorenzupforchester (Leitung: Brigitte Schwarz) und der Saitenspielkreis Differten (Leitung: Monika Beuren) vertraten das Saarland in Bruchsal.
Das weltgrößte Zupfmusikfestival, das unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Winfried Kretschmann stand, wurde am 29.Mai vom neu gewählten Präsidenten des BDZ (Bund Deutscher Zupfmusiker) Thomas Kronenberger in einer feierlichen Ansprache eröffnet. Er wünschte dem Festival einen guten Verlauf mit vielen interessanten Konzerten, Diskussionen und Erlebnissen. Er wies darauf hin, dass er dem Festival auch eine innovative Strahlkraft wünsche. Dieses Ziel wurde nicht verfehlt.
Insgesamt 13 Auftragskompositionen vergab der BDZ im Vorfeld, um auf die Bedeutung von neuer Literatur für die Zupfmusik hinzuweisen. Diese Werke wurden in Bruchsal von ausgewählten Orchestern uraufgeführt.
Eine Uraufführung übernahm das Saarländische Zupforchester unter der Leitung von Reiner Stutz. In dem Werk „Saar Bande“ von Daniel Wolff zeigte das Orchester die ganze Bandbreite sensibler und differenzierter Ausdrucksweise, die die Zupfmusik auszeichnet. Außerdem führte das Orchester noch zwei weitere Werke auf, die deshalb für das Publikum besonders spannend waren, weil es sich zum einen um ein Werk für Mandolinenensemble (also ohne Gitarren) und zum anderen um ein Werk für Gitarrenensemble handelte. Das Publikum beschenkte das Orchester mit einem großen Applaus.
Aufregend war das Festival besonders für das Saarländische Seniorenor- chester (Leitung: Brigitte Schwarz). Mit einer Uraufführung der „Neuen Saarländischen Zupfmusik op.66“ von Dominik Hackner gehörte das Ensemble ebenfalls zu den Orchestern, denen die Ehre zuteil wurde, eine Auftragskomposition uraufzuführen. Mit Bravour meisterten die Senioren diese Aufgabe.
Der BDZ feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Aus diesem Grund gab es im Rahmen des Festivals ein Festkonzert, das unter der Schirm- herrschaft von Edgar Auer (Projektleitung „Jugend musiziert“) stand. In seiner Begrüßung freute sich Edgar Auer sichtlich, dass er im ersten auftretenden Orchester bereits zahlreiche Bundespreisträger „Jugend musiziert“ auf der Bühne gesehen hätte. Wer saß auf der Bühne? Der Saitenspielkreis Differten unter der Leitung von Monika Beuren mit den Solisten Jolina und Svenja Beuren. Diesem Orchester wurde die besondere Ehre zuteil, das Festkonzert musikalisch zu eröffnen. Im Rahmen des Konzerts wurde von Frau Prof. em. Marga Wilden-Hüsgen in einem Festvortrag über die Geschichte des BDZ referiert. Hier wurde besonders auf die große Bedeutung des Saarlandes und dessen Einfluss auf das Bundesgebiet hingewiesen. Ein Bundesverband mit einer langen Tradition nutzt natürlich eine solche Gelegenheit, um Ehrungen auszusprechen. Der Präsident des Deutschen Musikrats Prof. Martin Maria Krüger, selbst Gitarrist und langjähriges Mitglied des Deutschen Zupforchesters, wurde zum Ehrenmitglied ernannt. Ebenso wurde Rüdiger Grambow wegen seiner Verdienste zum Ehrenpräsident ernannt.
Das Saarländische Jugendgitarrenorchester unter der Leitung von Prof. Stefan Jenzer hatte ebenfalls eine Uraufführung übernommen. Gerade für die Gitarrenensembles ist es von großer Bedeutung, dass neue Werke komponiert werden, da der Klangkörper „Gitarrenorchester“ noch keine sehr lange Tradition hat. Mit dem Werk „oboy – ein Cyborg wacht auf“ wurde von dem Komponisten Lars Wüller ein sehr aktuelles Thema aufgegriffen: die schleichende Metamorphose des Menschen mit der digitalisierten Welt. Das Orchester interpretierte dieses sehr nachdenklich stimmende Werk mit großer Präzision.
Im Rahmen des Festivals wurde auch in der Innenstadt die Zupfmusik gefeiert. So gab es an zwei Tagen rund um die Uhr Open- Air- Konzerte in der Fußgängerzone von Bruchsal. Bei strahlendem Sonnenschein trat hier noch einmal der „Saitenspielkreis Differten“ auf. Die Tatsche, dass die Open- Air-Bühne für das riesige Orchester aus dem Saarland zu klein war, sorgte bei allen Aktiven wie Zuschauern für besonders gute Stimmung. Der Auftritt wurde von den Bruchsaler Bürgern mit riesigem Applaus belohnt.
Das Saarland sorgte mit den zahlreich angereisten Ensembles für Furore. Das Geheimnis des BZVS – Erfolgs liegt in der Jugendarbeit. So war es nicht verwunderlich, dass BDZ – Präsident Thomas Kronenberger in seinem neuen Amt der Jugendarbeit oberste Priorität gewährt. Auf dem Eurofestival war diese Handschrift bereits erkennbar. So wurde erstmals im Rahmen des „Podiums Junge Talente“ jungen Preisträgern die Möglichkeit gegeben, ihr Können einem großen Publikum vorzustellen. Natürlich durfte auch das Vorzeige- Gitarren- Duo des Saarlandes nicht fehlen: Jolina Beuren und Pablo Hubertus (1. Bundessieger Jugend musiziert in der Wertung Gitarre-Duo). Mit beeindruckender Musikalität und Fingerfertigkeit zogen sie das Publikum in ihren Bann.
Weitere saarländische Künstler waren in Bruchsal zu Gast: Das Duo Clarima (Salima Ben Guigi – Mando- line und Clara Dicke – Harfe), das Duo Encuentros (Svenja Beuren – Gitarre / Mandoline und Ender Rangel – Gitarre / Cuatro) und der Baglamaspieler Hasan Hüseyin Talaz. Alle Künstler zeigten bei ihren Auftritten Zupfmusik auf höchstem Niveau.
Das vom Saarländer Marcel Wirtz geleitete BDZ – Jugendteam sorgte dafür, dass im Rahmen des Festivals auch die Kinder unterhalten wurden: Hüpfburg, Tischtennisplatten, Kinder- betreuung,… für alles war gesorgt.
Zahlreiche saarländische ehrenamtliche Helfer trugen auch hier zum Gelingen des Festivals bei. Eine umfangreiche Noten- und Instrumentenausstellung gehört zu jedem großen Festival. Auch in Bruchsal fanden sich berühmte Mandolinen- und Gitarrenbauer ein. Viele Interessierte konnten vor Ort Instrumente ausprobieren und mit den Instrumentenbauern (z.B. Tino Battiston aus dem Saarland) ins Gespräch kommen.
So mündete das Festival in die letzte große Abendveranstaltung. Hier trat, wie bereits erwähnt, das Saarländische Jugendzupforchester auf. Gleich zwei Uraufführungen von Werken der Komponisten Claudio Mandonico und Aris Alexander Blettenberg stellten das Orchester dabei vor eine besonders heikle Aufgabe. Mit Blettenbergs fulminantem Werk „Journey to Greece“ endete für die saarländischen Jugendlichen ihre „Journey to Bruchsal“. Für viele Jugendliche im Orchester war es der erste große Auftritt. Der Glanz in den Augen der Jugendlichen, die sich sichtlich über die stehenden Ovationen freuten, war Spiegelbild eines glanzvollen Festivals, das sicher noch lange für Gesprächsstoff sorgen wird.
Bericht: Jens Bastian